Angespannt und extrem neugierig saßen wir im Interkontinental-Flieger; unendlich viele Fragen gingen uns durch den Kopf: Was würden wir wohl alles erleben, wen würden wir alles kennenlernen und was könnte uns wohl alles zustoßen? Ankunft am Flughafen Quito - aufgeregt wühlten wir uns durch die Menge Reisender Richtung Ausgang - und da war sie auch schon: Diana. Unsere Freundin aus Kolumbien würde uns in den nächsten vier Wochen beherbergen: vier Wochen Quito, in denen wir die Grundlagen der spanischen Sprache sowie die Gewohnheiten des Landes kennenlernen würden und uns auf das Klima, die Menschen und die Neue Welt einstellen konnten.
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Buntes Markttreiben in Otavalo.
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Um spanisch zu lernen, suchten wir uns in Quito die Academía de Español Equinoccial aus, wo wir täglich zwischen vier und sechs Stunden Individualunterricht hatten - Hausaufgaben nicht eingerechnet! Das Aufregendste am Sprachkurs war allerdings der Weg dorthin, da wir fast eine Stunde Fußweg quer durch Quito zurücklegen mussten, um die Schule zu erreichen. Nach einer Woche sind wir dann auf den Bus umgestiegen, was nicht weniger abenteuerlich war, denn je nach Busfarbe musste man entweder beim Einsteigen, beim Aussteigen oder während der Fahrt bezahlen.
Neben den vielen Stunden intensiven Spanischtrainings sind wir mit Diana auch auf Obst- und Gemüsemärkten mit einem scheinbar unerschöpflichen Angebot stöbern gegangen, wurden von einer unserer Sprach-Professorinnen zu einer echten Indígena-Hochzeit eingeladen und haben uns die koloniale Altstadt (Centro Histórico) angesehen, mitsamt Kathedrale und «Panecillo», einem 200m hohen Hügel mit Madonna-Statue. Die gesamte Altstadt wurde 1978 in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen. Aber nicht nur in der Hauptstadt selbst, sondern auch in der näheren Umgebung sollte es Interessantes zu entdecken geben. So mieteten wir uns kurzerhand einen Leihwagen und fuhren los (der Versuch, uns Touristen einen heruntergekommenen und schon recht betagten Kleinwagen anzudrehen, wurde glücklicherweise schon vor Ort vereitelt, indem er erst gar nicht ansprang, weshalb wir dann doch ein recht ordentliches Modell bekamen, nachdem wir darauf bestanden!).
Zu unseren Ausflugszielen zählten unter anderem der für seine verschiedenen, großen Märkte bekannte Ort Otavalo sowie das Äquatormonument in «La Mitad del Mundo», wo Charles Marie de La Condamine im Jahre 1736 als erster Europäer die exakte Position des Äquators bestimmte. Die Wanderung im Cotopaxi-Nationalpark sollte eigentlich eine Sicht auf den gleichnamigen Vulkan gewähren, bot aber schließlich nur einen Berg aus Regenwolken. Der lange Rückweg wäre für uns dann auch ziemlich nass geworden, wenn uns die acht Park-Ranger nicht in ihrem Jeep mitgenommen hätten...
Nach einem Monat Quito und Umgebung war es dann aber endlich genug der Akklimatisation und wir zogen hinaus in die uns unbekannte, südamerikanische Welt. Was konnte da schöner sein, als direkt an die Pazifik-Küste zu fahren? Unser erstes Ziel war Bahía de Caraquez, auf der äußersten Spitze einer Halbinsel gelegen und damit fast komplett von Strand umgeben. Dennoch (oder vielleicht gerade deswegen) war es ein Touri-Ort, der uns nicht so sehr gefiel - also sind wir weiter in ländlichere Küstengegenden Ecuadors vorgedrungen - mit Erfolg, wie sich zeigen sollte. Mehrere Umstiege und unzählige unzugängliche Dörfer weiter sind wir schließlich im beschaulichen Örtchen Puerto Lopez gelandet. Sofort haben wir uns eine Bambushütte direkt in der Nähe des Strandes gesucht und den Sonnenuntergang über dem Pazifik beobachtet. Am nächsten Morgen gab es Frühstück unter dem Sonnenschirm und Nicole hatte Mühe, sich das Essen nicht von den flinken Hühnern aus den Händen wegschnappen zu lassen...
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Nicole in einer Hängematte am Strand von Puerto Lopez.
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Doch lange konnten wir uns die 36 Grad im Schatten nicht antun - schließlich waren wir auf direktem Wege zu einem unserer wichtigsten Zwischenstationen: die Galápagos Inseln! (siehe Galápagos) Also machten wir uns auf nach Guayaquil, von wo aus wir losfliegen würden. Über diese größte Stadt Ecuadors hatten wir uns vor der Ankunft dort schon einige Gedanken gemacht, denn sie galt als weitaus gefährlicher als etwa Quito - was wir immer wieder von Einheimischen bestätigt bekamen!
Ankunft in Guayaquil: zehnspurige Einbahnstraßen, mehr Busse als Autos und vorbeieilende Menschenmassen, die sehr schnell erkennen ließen, dass an der Küste ein anderes Tempo herrscht, als in der Sierra... Dazu kam eine schwüle Hitze, die man im Hotel nur mit Ventilator im Dauerbetrieb und mehrmaligem Duschen pro Tag aushalten konnte. Nach unserem Galápagos-Ausflug war unser größtes Problem allerdings, all die tollen Fotos auf unsere Homepage zu kriegen - etliche Stunden haben wir im vollklimatisierten Internet-Cafe zugebracht...
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Vicuñas am Fuß des 6.310m hohen Vulkans Chimborazo.
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Nach ein paar Tagen verließen wir Guayaquil und wollten wieder in die Anden zurück - eines unserer Ziele war Riobamba, eine kleine, belebte Stadt, die genau dieser Tage ihren Unabhängigkeitstag feiern sollte. Hier haben wir dann gelernt, dass ein Fest durchschnittlich sieben Tage (!!!) dauert - Tag und Nacht gab es Tanzgruppen auf den Straßen und am eigentlichen Feiertag war die ganze Stadt auf den Beinen. Aber noch ein Highlight gab es hier, nämlich den höchsten Berg Ecuadors, den Vulkan Chimborazo. Dorthin wollten wir unbedingt einen Ausflug unternehmen, ganz egal, ob wir schon genug an die Höhe angepasst waren oder nicht... Kahl waren die Hänge und eiskalt der Wind, aber dafür gab es reichlich Vicuñas (Vicugna vicugna) - die kleinsten Vertreter der Anden-Kamele, seltene Pflanzen und einen Ausblick, wie es ihn nur in solcher Höhe geben kann! Der Aufstieg zum Refugio (Schutzhütte) war dafür umso beschwerlicher: Kribbeln in den Armen und Beinen, Riesendurst, Atembeschwerden, Erschöpfung schon nach wenigen Schritten etc. Wir konnten uns vorher eben nicht so recht vorstellen, was es heißt, in 4900m bergauf zu gehen...
Eigentlich wollten wir von hier aus direkt nach Süden weiter in Richtung peruanische Grenze, aber wir hatten so viel über einen kleinen, abgelegenen Ort namens Baños gehört, dass wir uns entschieden, einen Abstecher dorthin zu wagen. Was wir vorfanden, war einer der touristischsten Orte Ecuadors und wir sahen auch ein, warum es so war: auf einer Anhöhe gelegen, war das romantische Städtchen von Flüssen und eindrucksvollen, grünen Berghängen umgeben. Dies sollte dann auch der Ort sein, wo wir uns zwei Fahrräder ausliehen, um die 60km bis an den Rand des Dschungels nach Puyo zu fahren.
Und so geschah es dann: wir radelten der Selva entgegen, ausgerüstet mit reichlich Proviant und ohne Kamera (ja, Peter hatte sie im Hotel liegen lassen und so kehrte er nach einigen Kilometern nach Baños zurück, um sie zu holen, bevor es dann weiterging). Bergauf mussten wir teilweise die Räder schieben und bergab hofften wir, dass die Bremsen nicht versagen würden... Doch bei 33 Grad, warmen Regenschauern, die immer wieder von der Sonne verdrängt wurden und unzähligen großen und kleinen Wasserfällen war wie so oft der Weg das Ziel. Glücklicherweise konnten wir die Rückfahrt nach Baños im Bus verbringen, nachdem die Räder einfach auf das Dach verfrachtet wurden.
Als nächstes durchstreiften wir die südliche Sierra Ecuadors in Richtung Cuenca, der drittgrößten Stadt des Landes, die unter dem Namen «Santa Ana de los Ríos de Cuenca» gegründet wurde und heute als das «Athen von Ecuador» bekannt ist. Dies lässt sich wohl auf eine der größten Kathedralen Lateinamerikas, die vier Universitäten der Stadt sowie die Tatsache zurückführen, dass noch heute viele Dichter und Denker des Landes diese Stadt ihr Zuhause nennen.
Die letzte Station, bevor wir die peruanische Grenze überquerten, war das Städtchen Loja - im äußersten Süden Ecuadors. Hier bereiteten wir uns auf unseren ersten kontinentalen Grenzübergang vor, den wir wie fast die gesamten Reisekilometer mit einem Bus bewerkstelligten. Wir waren super aufgeregt und fragten uns, was wohl anders sein würde in Peru - bisher dachten wir ja schließlich, dass sich alles recht ähnlich sein müsse... Aber wir sollten uns gewaltig täuschen und während unserer Reise viele Male merken, wie unterschiedlich die einzelnen Länder, ja sogar Regionen innerhalb der Länder sind!
Nach vier Wochen Quito und weiteren vier Wochen, in denen wir in ganz Ecuador herumgefahren sind, war es dann soweit: unser zweites Land wartete auf uns - Peru mit seinen mystischen Orten wie Machu Picchu oder dem Titikaka-See! Mehr zu Peru.
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